Herford/Eckernförde. "Moin", grüßt Branko Kreinz am Telefon. Er scheint angekommen zu sein in Eckernförde. Seit dem 1. Juni lebt der "Herforder für Herford"-Initiator mit Frau Nicole und Cockerspaniel Tayla in dem 20.000-Einwohner-Hafenstädtchen an der Ostsee. Bereits im März dieses Jahres hatte er sämtliche Aktivitäten seiner Initiative "Herforder für Herford" eingestellt und alle für 2020 angesetzten Sammelaktionen für bedürftige Familien abgesagt.
Im Juni war die Herforder Wohnung dann leer geräumt, Branko und Nicole Kreinz brachen ihre Zelte in Herford ab und es ging auf an die Ostsee. Im Gespräch mit der Lokalredaktion erzählt Branko Kreinz noch einmal, welche Gründe zu diesen Schritten geführt haben, was er und seine Frau nun machen und was er sich für Herford wünschen würde.
"Ich hatte zum Start meiner Initiative Herforder für Herford bereits gesagt, dass ich das Ganze zehn Jahre lang machen will", sagt Kreinz. Die Motivation, etwas für bedürftige Kinder und Familien in Herford zu tun, rührte dabei aus seiner eigenen Biografie. "Ich komme aus Slowenien, bin dort im Kinderheim gewesen und dann nach Herford gekommen", so der 47-Jährige. Im Bernhard-Heising-Haus und von der Stadt Herford habe er in dieser Zeit so viel Unterstützung erfahren, dass er einfach etwas zurückgeben wollte mit seinem Engagement für bedürftige Kinder in der Stadt.
Nach elf Jahren ehrenamtlichem Engagement war Kreinz mit seinen Kräften am Ende
Elf Jahre - also ein Jahr länger als anfangs geplant - gab es Herforder für Herford nun. Aber ganz freiwillig hat Branko Kreinz die Initiative nicht beendet. "Schon 2019 standen unsere Sammel- und Spendenaktionen angesichts stark rückläufiger Spenden auf dünnem Eis", so Kreinz rückblickend. Dazu kamen auch noch viele Diskussionen und Beschimpfungen in den sozialen Medien, die der Familie zunehmend zu schaffen machten.
"Am Ende ging es einfach nicht mehr. Meine Frau Nicole hat mir die Augen geöffnet und mir vorgerechnet, dass wir monatlich rund 500 Euro von unserem privaten Geld in die Initiative stecken", sagt Kreinz. Dazu sei noch gekommen, dass er körperlich nicht mehr konnte. "Es gab Tage, da bin ich im 4.30 Uhr aufgestanden, um irgendwo Lebensmittel abzuholen. Und nachts habe ich bis 1 Uhr Mails an mögliche Spender geschickt."
Auch psychisch habe ihn die Situation in den von ihm betreuten Familien mehr und mehr mitgenommen. "Wenn Kinder krank sind oder Elternteile gestorben sind, dann geht das seelisch an einem selbst nicht vorbei. Mein Arzt hat gesagt, dass ich dringend zur Ruhe kommen muss." Und da fassten die Kreinz einen Entschluss. "Es war schon lange unser Traum, an die Ostsee zu ziehen", sagt Kreinz. Dass es nun Eckernförde wurde, haben die beiden einem Bekannten aus Herford zu verdanken, den es selbst vor einigen Jahren in die kleine Stadt verschlagen hatte. "Er hat uns geholfen. Meine Frau hat hier seit dem 1. April einen Job und eine Wohnung haben wir auch - rund 600 Meter vom Wasser entfernt."
"Ein bisschen habe ich das Gefühl, die Familien im Stich gelassen zu haben"
Auch er habe einen Job in Aussicht, erzählt der gelernte Möbeltischler, der aufgrund einer Erkrankung in diesem Beruf nicht mehr arbeiten kann. "Wenn alles klappt, werde ich mit geistig behinderten Menschen arbeiten, sie in ihrem Alltag unterstützen", so Kreinz. Wie in Herford, wo er Messdiener-Leiter in der Gemeinde St. Johannes Baptist war, hat er auch in Eckernförde bereits wieder begonnen, in der dortigen Kirchengemeinde aktiv zu sein. "Ich muss irgendetwas tun. Aber Eckernförder für Eckernförde - das wird es nicht geben", sagt er. Er müsse erst einmal wieder zu Kräften kommen und wieder "einhundert Prozent Branko" werden.
Rund 400 Familien, insgesamt gut 2.500 Kinder - zum Teil auch über die Stadtgrenzen Herfords hinaus - habe er in den vergangenen elf Jahren wohl mit seiner Initiative und gemeinsam mit zahlreichen Spendern unterstützt, schätzt Kreinz, dem das Loslassen offensichtlich nicht leicht fällt. "Ein bisschen habe ich das Gefühl, die Familien im Stich gelassen zu haben", meint er und hat deshalb einen großen Wunsch: "Jeder sollte die Augen aufhalten und schauen, wo und wie er helfen kann. Auch Kleinigkeiten nützen häufig schon."